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Der BUND hat im Juni 2023 Erdbeeren auf Pestizid-Rückstände getestet. Das Ergebnis: Vier von fünf Erdbeer-Körbchen waren mit Pestiziden belastet, rund die Hälfte enthielt sogar besonders gefährliche Pestizid-Cocktails, also unterschiedliche Pestizide, die miteinander in Wechselwirkung treten. Warum das problematisch ist und wie Sie Pestizide beim Essen vermeiden können, erklärt BUND-Pestizid-Expertin Corinna Hölzel. 

Was empfehlen Sie Verbrauchern, die sich möglichst ohne giftige Pestizide ernähren wollen? 

Corinna Hölzel: „Kaufen Sie Obst und Gemüse am besten in Bio-Qualität. In der Ökolandwirtschaft sind chemisch-synthetische Pestizide tabu. Wer nicht zu Bio-Lebensmitteln greifen kann, sollte direkt vor dem Verzehr die empfindlichen Früchte in kaltem, stehenden Wasser gründlich abwaschen. Bei Erdbeeren ist zudem wichtig, dass Sie die Früchte nicht beschädigen. Schneiden Sie den grünen Blütenkelch erst nach dem Waschen ab. Durch das Waschen können Sie allerdings nicht alle Pestizide beseitigen.“ 

Was ist denn an Pestiziden so gefährlich? 

Corinna Hölzel: „Pestizide können Krebs verursachen, das Erbgut beeinflussen oder die Fruchtbarkeit schädigen. Auch Hormongifte sind eine potentielle Gefahr für die menschliche Gesundheit. Das sind Pestizide, die schon in sehr kleinen Mengen wirken. Grenzwerte sind somit gar kein Schutz vor Hormongiften. In unserem Erdbeer-Test enthielten vier der 19 Erdbeer-Proben Hormongifte. Pestizide haben auch fatale Auswirkungen auf Tiere und Umwelt. Sie belasten das Grundwasser, gelangen in Luft und Böden und zerstören unsere Ökosysteme.“

Im kürzlich veröffentlichten BUND-Erdbeertest wurden zwar Pestizid-Rückstände in Erdbeeren nachgewiesen, die gesetzlichen Grenzwerte wurden dabei aber nicht überschritten. Warum ist das trotzdem ein Problem? 

Corinna Hölzel: „Bewertet wird der jeweils einzelne Pestizid-Wirkstoff. Daraus werden die Grenzwerte für Lebensmittel abgeleitet. In der Realität sind wir aber mehreren Pestiziden ausgesetzt, die wir mit Lebensmitteln zu uns nehmen. So auch in den von uns getesteten Erdbeeren. Rund die Hälfte enthielten zwei oder mehr unterschiedliche Pestizide. Wenn die miteinander in Wechselwirkung treten, kann das die giftige Wirkung um ein Vielfaches erhöhen. Diese Wechselwirkungen werden aber in der Bewertung  gar nicht berücksichtigt. Dazu sind wir auch noch anderen Schadstoffen ausgesetzt. In unseren Körpern sind Schwermetalle, Weichmacher, Fluorverbindungen und sogar das längst verbotene Pestizid DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) eingelagert. Pestizide aus Lebensmitteln kommen da noch zusätzlich hinzu.“ 

Gibt es Lebensmittel, die besonders häufig mit Pestiziden belastet sind? 

Corinna Hölzel: „Tafeltrauben, Äpfel, Birnen, Erdbeeren, Pfirsiche, Aprikosen, Paprika und Kräuter sind besonders häufig mit Pestiziden belastet. Grenzwerte werden bei Obst- und Gemüseimporten aus Nicht-EU-Ländern deutlich häufiger überschritten als bei EU-Ware.“     

Wie können sich Verbraucher darüber informieren, welche Produkte konkret mit Pestiziden belastet sind?  

Corinna Hölzel: „Die Lebensmittelüberwachung liegt  in der Verantwortung der Bundesländer. Allerdings wird nicht flächendeckend kontrolliert. Wer sicher sein möchte, keine Pestizidrückstände im Einkaufskorb zu haben, muss Bio-Lebensmittel kaufen. Diese werden ohne chemisch-synthetische Pestizide erzeugt. Auf Feldern der Biolandwirtschaft gibt es deswegen auch deutlich mehr Artenvielfalt.“

Hintergrund: 

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) hat am 5. Juni 2023 einen Erdbeer-Test veröffentlicht. 19 Erdbeerproben von unterschiedlichen Händlern in Deutschland wurden in einem Labor untersucht. Vier von fünf der untersuchten Erdbeer-Körbchen enthielten Pestizidrückstände; rund die Hälfte Cocktails aus mehreren Pestiziden.

Für Menschen sind Pestizide oft gesundheitsschädlich – für Schmetterlinge, Wildbienen und viele weitere Insektenarten, Fische und andere Wasserorganismen sind sie nicht selten tödlich. Pestizide sind inzwischen überall in unserer Umwelt. Sie können in Wasser, Böden und Luft nachgewiesen werden. Der BUND fordert von der Bundesregierung mindestens eine Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 sowie ein Verbot besonders gefährlicher Pestizide.

Foto: picture alliance I dpa I Friso Gentsch